Wollen wirklich alle New Work? (Teil 1)
New Work und Homeoffice sind in aller Munde, die Mitgliedschaft im Fitness Center selbstverständlich, den Firmenwagen gibt es schon für Berufseinsteiger, die kostenlose Freitagspizza für alle gehört zum guten Ton und natürlich ist das Angebot, voll remote zu arbeiten, schon fast obligatorisch. Das alles soll helfen, neue Talente für das eigene Unternehmen zu begeistern. Wie früher beim Kindergeburtstag versuchen Unternehmen sich gegenseitig zu überbieten, um bei der Generation Z zu punkten. Doch ist das wirklich die Lösung im Fachkräftemangel und greift die Reduzierung von New Work auf Remote Work und Benefits nicht viel zu kurz?
Trotz moderner Angebote verwaisen Büros zunehmend
Viele New Work Spezialisten sind der Meinung, dass Mitarbeitende wieder einen Grund brauchen, um ins Büro zu kommen. Diese müssten völlig umgestaltet werden, Event-Charakter aufweisen und attraktiv sein. Ein kleiner Blick über den großen Teich zeigt, dass Techgiganten wie Google oder Facebook einen kompletten Campus um ihr Büro aufbauen, auf dem Restaurants, Friseure und weitere Geschäfte angesiedelt sind. Nun reicht in Deutschland der Platz dafür selten aus und auch nicht jedes Unternehmen hat die entsprechende Größe, so etwas umzusetzen. Aber die immer wiederkehrende Frage ist, erhöht das wirklich die Attraktivität für die Mitarbeitenden bzw. was nutzt die tollste Ausstattung, wenn dies das wichtigste Argument die Möglichkeit zu Remote Works ist? Dennoch treffe ich bei Kunden vor Ort häufig auf moderne Büros mit ergonomischen Arbeitsmöbeln, eine Kaffeebar mit allem, was man sich wünscht, einer Kantine, in der ein professioneller Koch frisches und gesundes Essen zubereitet, und teilweise gibt es auch noch einen perfekt ausgestatteten Fitnessraum. Trotz des attraktiven Angebots sind die Büros allerdings verwaist und nur vereinzelt arbeitet dort jemand. Diese Mitarbeitenden stellen sich dann die Frage, warum sie den Weg auf sich genommen haben – ist niemand dort, könnten sie auch im Homeoffice bleiben.
Was zählt Identifikation noch?
Ich bin überzeugt davon, dass es notwendig ist, Arbeit neu zu denken und Möglichkeiten zu eröffnen, die in den letzten Jahren undenkbar waren. Viele Errungenschaften der letzten Jahre, ausgelöst und beschleunigt durch Corona, sind wirklich sinnvoll und haben sich bereits bewährt. Der Fokus auf das Außen, sprich, auf möglichst coole Büros und noch mehr Benefits, führt meiner Meinung nach dazu, dass die Begeisterung der Mitarbeitenden oberflächlicher Natur ist. Im Vordergrund stehen nicht mehr gemeinsame Erfolge mit dem Team oder die Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Vision, sondern der Erhalt von möglichst vielen Zusatzleistungen. Dadurch werden Mitarbeitende häufig zu „Legionären“, die für etwas mehr Gehalt und weitere Benefits sofort gewillt sind, das Unternehmen zu wechseln. Auch dort werden sie nicht lange verweilen, wenn schon der nächste mit noch mehr winkt.
Fragen Sie die richtigen Mitarbeitenden?
Schon seit mehr als 20 Jahren erstellt das Beratungsunternehmen Gallup den sogenannten Engagement Index. Dieser ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter Arbeitnehmenden in Deutschland zu Themen wie Arbeitsmotivation, Engagement und emotionaler Bindung zu ihrem Unternehmen. Die Zahlen aus dem ersten Corona-Jahr 2021 wollen wir uns jetzt etwas genauer ansehen. Nur 17 % der Befragten gaben an, dass sie sich emotional an ihr Unternehmen gebunden fühlen. Dagegen schätzten 69 % der Befragten ihre emotionale Bindung als gering ein und 14 % gaben an, überhaupt keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen zu besitzen und bereits innerlich gekündigt zu haben. Auffällig ist, dass sich gleichzeitig die Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden erhöht hat. Lediglich 61 % der Befragten wollen in einem Jahr noch bei ihrem aktuellen Arbeitgeber beschäftigt sein. Dass sie in den nächsten drei Jahren noch im gleichen Unternehmen tätig sein werden, denkt nur noch 50 %.
Vielleicht sollten Unternehmen damit beginnen, die 17 % der emotional gebunden Mitarbeitenden zu befragen, was es braucht, damit sie sich an ihrem Arbeitsplatz weiterhin wohl fühlen, anstatt den Fokus auf die anderen 83 % zu richten und hier noch mehr materielle Angebote zu machen. Die Menschen, die sich nicht mit einem Unternehmen identifizieren können oder wollen, sind sicherlich nicht dauerhaft mit diesen Angeboten im Unternehmen zu halten und ihr Beitrag wird sich dadurch auch nicht erhöht. Alle Verantwortlichen erleben in der heutigen Zeit immer mehr, dass ein Mitarbeitender, den sie aufgrund der Möglichkeit 100 % remote zu arbeiten oder mittels anderer Benefits gewonnen haben, sich meist nur von diesen externen Faktoren leiten lässt – und wie wir alle wissen, sind diese schnell austauschbar und der Mitarbeitende dann meist genauso schnell weg.
Im zweiten Teil des Blogs werde ich genauer auf die Unternehmenskultur eingehen, aufzeigen, wie sich die Zukunft sichern lässt und welche Rolle New Work wirklich dabei spielt. Bis dahin können Sie gerne einen Termin mit mir vereinbaren und wir sprechen über die Herausforderungen Ihres Unternehmens.